Mittwoch, 5. August 2015

Spielt nicht mit den Schmuddelkindern!

Unnötig wie ein Kropf war sie, die Hexenjagd Karen Horns, der ehemaligen FAZ-Redakteurin und Wirtschaftspublizistin und Vorsitzenden der Friedrich-August-von Hayek-Gesellschaft, gegen eine angebliche Unterwanderung des liberalen Lagers durch „rechte Reaktionäre“. Horn hat den liberalen Verein, einen der wenigen freiheitlichen Thinktanks in unserem Land, durch ihre Angriffe erheblich geschwächt und gespalten, allerdings auch eine wichtige und notwendige Debatte darüber angeregt, was Liberale ausmacht, was sie sind und möglicherweise nicht sind.

Die 26 Mitglieder der Gesellschaft, die in einem offenen Brief Horns Rücktritt gefordert haben – unter anderem Christian Watrin, Frank Schäffler, Hans Jörg Hennecke und Vera Lengsfeld – kritisierten zu Recht eine Einengung des liberalen Spektrums durch die ehemalige Vorsitzende, eine Einschränkung der Meinungsfreiheit und Ausgrenzung von Teilen der Gesellschaft. Die Gesellschaft müsse Platz haben für Liberale unterschiedlicher Schattierungen, für Ordoliberale, christliche Liberale, Libertäre und staatskritische Liberale. Horn, die den großen liberalen Ökonomen Wilhelm Röpke als Reaktionär bezeichnet hatte, biedere sich auf polemische und ausgrenzende Weise der „Politischen Korrektheit“ und linksliberalen Denkweisen an, so der Vorwurf ihrer Kritiker. Horn hatte eine Abgrenzung von „politisch heiklen“ Organisationen gefordert. Auch „'wertkonservative' Liberale“ bezeichnete sie in einem Artikel in der Zeitschrift „Schweizer Monat“ als „falsche Freunde“, vor denen man sich hüten solle. Mitglieder hielten ihr hingegen vor, dass das politische Spektrum in Deutschland weit nach links verrutscht sei und es eher einen dominanten linken Zeitgeist gebe, dem man sich entgegenstellen müsse.

Führende Freidemokraten wie Parteichef Christian Lindner und der ehemalige Gesundheitsminister Daniel Bahr haben gemeinsam mit Karen Horn die Hayek-Gesellschaft nun verlassen. Damit haben sie sich mit der Hexenjagd auf Wertkonservative und Libertäre, „Reaktionäre und Radikale“ im liberalen Lager solidarisch erklärt und sich einem kritischen Diskurs über liberale Inhalte und liberale Identität verweigert. Der Massenaustritt im liberalen Thinktank kommt einer Selbstkastration gleich. Es soll abgetrennt werden, was immer auch liberal war: Das Wertkonservative, das Ordoliberale und das Libertäre. Die Hysterie der Vorgänge erinnert stark an die Kommunistenjagd der McCarthy-Ära. Säuberung und Purismus im liberalen Lager? Dies kann und darf es nicht geben.

Was sagt uns Lindners Austritt über den Kurs der neuen FDP? Erst kürzlich hat sich der Parteichef sehr öffentlichkeitswirksam gegen die Aufnahme wechselwilliger AfD-Mitglieder ausgesprochen. Vor ein paar Tagen erlebten wir dieselbe inszenierte Ausgrenzung seitens der Tauber-CDU. In FDP-nahen Internetforen wird zunehmend gebetsmühlenartig darauf hingewiesen, dass Liberale keine Konservativen sind. Nun, das ist ohne Zweifel so. Aber was soll die ständige Betonung der Abgrenzung? Was soll die medienwirksam inszenierte Abweisung von AfD-Wechslern?

Anbiederung an den sozialdemokratisch geprägten Zeitgeist, an den Nanny-Staat und die Political-Correctness-Kultur hat man Karen Horn zu Recht vorgeworfen. Muss man auch der Lindner-Parteiführung diesen Vorwurf machen? Dürfen wir nicht mehr mit den Schmuddelkindern spielen, weil die FDP zurück in die Regierung möchte und zwar vorzugsweise an der Seite von Roten und Grünen? Sollen wir uns nun „Freie Demokraten“ statt „Liberale“ nennen, weil die Magenta-Partei mit dieser neuen Selbstdarstellung besser in die Ampel passt?

Es ist sicher zu begrüßen, dass die FDP der babylonischen Gefangenschaft der Union entkommen möchte und sich durch betonte Eigenständigkeit neue Bündnisoptionen erobert. Was unsere Identität, die liberale Seele, aber nicht erträgt, ist angeordnete Anbiederung an sozialdemokratisch geprägte Political-Correctness-Maßstäbe. Wir sind eben keine ampeltaugliche freidemokratische Ergänzung zum sozialdemokratischen Mainstream. Wir sind Liberale mit Ecken und Kanten, wertkonservativen Bindungen und libertären Ideen, die sich nicht verbiegen lassen. Will man uns dazu zwingen, wird es wohl bald einen „Weckruf“ innerhalb der Partei geben – von Liberalen in der freidemokratischen Magenta-FDP, die für das gesamte Spektrum des politischen Liberalismus eintreten und gegen die verordnete Selbstkastration aufbegehren.

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