Freitag, 16. Oktober 2015
Selbstbefreiung vom Sex-Zwang
„Sexout“ heißt das neue Buch des auflagenstarken Lebenskunst-Philosophen Wilhelm Schmid. Ein chic klingender neuer Begriff für ein uraltes Phänomen: Mit der sexuellen Leidenschaft wird es in aller Regel in einer Paarbeziehung ab einem gewissen Punkt schwierig. Das Interesse schwindet, die Lust versiegt, Sexualität verkommt zur quälend abgearbeiteten Pflichtübung, auf die wir irgendwann mehr oder weniger gerne verzichten. Und da wir uns in allen gesellschaftlichen Bereichen sehr gerne unter Druck setzen und fremdbestimmen lassen, wird das Natürlichste auf der Welt – das sinkende sexuelle Interesse in der Paarbeziehung – eben zum Megaproblem erklärt, dem man mit allerlei, in der Regel sehr untauglichen Mitteln und Strategien, die Schmid in seinem Buch ausführlich beschreibt, zu Leibe rücken muss. Muss man wirklich? Am Ende seines Buches bespricht Schmid die Askese, rät zu Bescheidenheit der Ansprüche und zu mehr Gelassenheit. Den Sexout nicht zu problematisieren, ist eine weise Einsicht. Es geht darum, den Druck abzubauen, unter den man sich selber setzt. Routinestrategien, die Sex nach Plan verordnen, töten die letzte noch vorhandene Lust ab. Verklemmte Versuche mit Sexspielzeug ebenso. Was hilft, ist, sich selbst zu befreien: Nicht mehr müssen müssen, nicht mehr wollen müssen. Wir brauchen dieses Problem nicht. Wir brauchen selbst den Begriff für das Problem nicht. Unsere Sexualität ist voller faszinierender Möglichkeiten, die wir nutzen können. Wir müssen uns nur treiben lassen und dem freien Spiel der Möglichkeiten hingeben, ohne zwanghaft verkopften Erwartungen zu huldigen. Nichts muss – alles kann. Die sexuelle Selbstbefreiung setzt so manches frei: Die Phantasie, das Verlangen – und die Lust.
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