Donnerstag, 8. Oktober 2015
Facebook-Schnipsel
Horst Seehofer und die "Herrschaft des Unrechts"
"Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung. Es ist eine Herrschaft des Unrechts." So spricht der Parteivorsitzende einer Partei, die auch weiterhin wenig Probleme damit haben wird, als Koalitionspartner an der Regierung beteiligt zu sein, die die Herrschaft des Unrechts implementiert. Seehofer verurteilt, was er (als Chef einer Regierungspartei) selber repräsentiert. Die Klinische Psychologie kennt hierfür den Begriff der Dissoziation – eine Trennung von im Normalfall verbundenen Wahrnehmungs- und Gedächtnisinhalten. Die Folge ist eine Störung der integrativen Funktionen des Bewusstseins und der Identität.
Antidiskriminierung und Hausrecht
Bei gewerblichen Betrieben darf es aus meiner Sicht anders als im Privathaushalt keine formelle Diskriminierung geben. Formelle Diskriminierung bedeutet, Menschen aufgrund bestimmter Merkmale oder auch aufgrund eines nicht näher bestimmten Gesamteindrucks den Zutritt zu verwehren. Öffentliches Interesse an Nichtdiskriminierung ist höher zu gewichten als das Hausrecht des Gewerbetreibenden. Zulässig hingegen ist informelle Diskriminierung etwa über Preise, Kleiderordnung oder sonstige Verhaltenskultur. Entscheidend ist, dass hier der Gast selber entscheidet, ob er/sie unter den gegebenen Bedingungen teilnehmen möchte.
Christian Lindner zum Antisemitismus von Flüchtlingen
Starker Auftritt von Lindner. Problematisch aber die Aussage zu Josef Schuster: Pauschalisierungen sind immer fragwürdig. Richtig ist aber, dass die Flüchtlinge zu einem sehr erheblichen Teil aus Gesellschaften kommen, die massiv anti-israelisch bzw. anti-jüdisch geprägt sind. Es geht ja hier um Gefahrenabwehr, um Prophylaxe. Da ist es schon legitim, Gruppen besonders im Auge zu haben, bei der die Prognose unzweifelhaft ungünstig ist. Mediziner gehen regelmäßig so vor: Besondere Wachsamkeit bei spezifischen genetischen Dispositionen oder anderen Risikofaktoren. Das bedeutet keine Aussage über den individuellen Einzelfall, auch keine Verharmlosung oder Relativierung rechter Gewalttäter.
Zum Rauswurf Matthias Matusseks bei der "Welt"
Konsensfaschismus: Unsinn! Verlage und Medien müssen auf unsägliche Äußerungen reagieren dürfen. Wollen sie sich nicht dem Vorwurf wertevergessenen Relativismus schuldig machen, müssen sie es sogar. Der Rauswurf war ein Akt von Zivilcourage und Betriebshygiene.
Umgang mit Terrortätern
„Warum geben die Medien so einer Kreatur "last minutes of fame"? Sie ist tot. Gut so. Abhaken. Nächste(n) finden.“ kommentiert Wolfgang J. Stützer.
So einfach sollten wir es uns nicht machen, finde ich. Täter sind immer auch Opfer, Menschen, die ihre Menschlichkeit auf dramatischste Weise verloren haben, fürchterlich gescheiterte Entwicklungen und Biografien, unendlich bittere Geschichten verlorener Träume und Hoffnungen. Mich stimmen solche Lebensgeschichten unendlich traurig. Wir sollten diese Täter, die auch Opfer sind, nicht dehumanisieren – damit stellten wir uns auf eine Stufe mit den Entmenschlichern selbst. Wir sollten uns nicht blindem Hass hingeben, sondern nach den Ursachen fragen, die eine Entmenschlichung von Menschen möglich machen. Und der verlorenen Seelen im Stillen gedenken.
Flüchtlingsintegration
Damit gesellschaftliche Integration gelingt, muss sie sehr früh – möglichst schon in den Erstaufnahmeeinrichtungen – anlaufen. Die Mehrheit der Flüchtlinge kommt aus bildungsfernen Schichten mit männerdominierter archaischer und streng muslimischer Prägung. Zudem kommen fast alle Flüchtlinge aus ausgesprochen staatsautoritären Gesellschaften. Erfahrungen der Kriegssituation und der Flucht haben zu einer ausgeprägten Enthemmung und Gewaltprägung geführt. Es muss daher vor allem darum gehen, diese Menschen an unser Rechts- und Normensystem, sowie an westliche Werte und Zivilisationsstandards heranzuführen. Vielfach herrschen Versorgungsmentalität, Passivität und unrealistische Erwartungshaltung in Bezug auf Konsummöglichkeiten und Lebensführung vor. Lethargie, Depression und Ängsten muss durch frühzeitige Anleitung zu Eigeninitiative und Selbsthilfe entgegengewirkt werden. Dies gelingt am besten, wenn Flüchtlinge so früh wie möglich die Massenunterkunft verlassen können und am beruflichen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Wir dürfen diese Menschen keineswegs in Wartezonen parken, sondern müssen sie frühzeitig durch aufwändige Maßnahmen integrieren und auch Eigenleistung und eigenes Bemühen um Integration von ihnen einfordern.
Reaktion auf Terror
Die Feinde der offenen Gesellschaft wollen nicht nur, dass wir im Alltag Angst haben. Sie bezwecken, dass unsere Gesellschaften sich radikalisieren, ihre Offenheit durch Abschottung ersetzen und so ihre Stabilität verlieren. Deshalb sind wir aufgerufen, aus der Trauer die Kraft zu entwickeln, die innere Liberalität entschiedener als bisher zu verteidigen.
Meinungsfreiheit
Meinungsfreiheit bedeutet eben nicht, dass wir alles ertragen und aushalten müssen. Meinungsfreiheit schliesst auch das Recht ein, Meinung abzulehnen, zu widersprechen und aufzubegehren. Bürger haben das Recht, Geschäftspartner aufgrund ihrer Positionen abzulehnen. Das gilt auch für Verlage und Buchhändler gegenüber Autoren. Meinungsfreiheit ist keine Duldungsverpflichtung.
Es geht hier doch gar nicht um Grenzen der Meinungsfreiheit, sondern um Zivilcourage. Meinungsfreiheit ist keine Duldungsverpflichtung. Menschen müssen nicht jede Zumutung ertragen und stehen dagegen auf. Buchhändler und Verlage zeigen Flagge und reagieren - wenn auch zu spät. Passanten zeigen Zivilcourage in der Fußgängerzone, indem sie klar machen: Wir wollen das hier nicht. Das ist großartig!
Sind wir zu liberal?
Wir sind zu tolerant gegenüber Intoleranz. Wir verwechseln zu oft wertgebundene Freiheitlichkeit mit werterelativistischem Liberallala. Freiheit, die sich nicht gegen ihre Feinde abzugrenzen versteht, weiß sich auch nicht gegen sie zu verteidigen.
Hassbürger
Die Ressentiments der Hassbürger sind ganz stark von gelernter Hilflosigkeit geprägt, vom Gefühl der Selbstunwirksamkeit, der Unfähigkeit, das eigene Leben gestalten, beeinflussen, verändern zu können. Unsere Welt ist eine Welt der Außengeleiteten, der Getriebenen, der Fremdbestimmten geworden. Was wir dagegensetzen müssen, ist eine neue Erzählung der Freiheit, eine Lebenskultur der Freiheit, wie sie etwa Ralph Waldo Emerson in "The American Scholar" zum Ausdruck gebracht hat: Sich auf sich selbst und seine Fähigkeiten besinnen, sein Leben selbst in die Hand nehmen, Verantwortung übernehmen, sich für frei und unabhängig erklären. Was wir dazu brauchen, ist Optimismus, Mut - und eine Vision vom besseren, wirkungsvolleren Selbst.
Horst Seehofers "infantiler" Politikstil in der Flüchtlingsfrage
Marion Horn hat Recht: Horst Seehofer handelt populistisch, unreflektiert, kurzsichtig, staatspolitisch unverantwortlich. Das hat etwas Unreifes - doch es betrifft nicht nur Seehofer und die vorpreschenden CSU-Granden allein. Der "Besorgte-Bürger"-Kultur insgesamt haften gewisse unreife, infantile Verhaltensmuster und Attitüden an: Eine mangelhafte Bereitschaft, die Dinge zu Ende zu denken, eine mangelnde Fähigkeit, Verantwortung übernehmen zu wollen und über den eigenen Tellerrand hinauszudenken, ein narzisstischer Egozentrismus, eine Unwilligkeit, zu teilen, vom Eigenen abgeben zu können. All das kennzeichnet präadulte Entwicklungsphasen.
Ehe-Resilienz und Gender
Ehen scheitern heute vielleicht nicht öfter als früher, aber sie werden viel öfter und schneller geschieden. Diese mangelhafte Resilienz von Ehe (und Beziehung insgesamt) ist dem Zeitgeist geschuldet: Oberflächlichkeit und Larmoyanz, überzogener Individualismus, egoistisch-narzisstische Tendenzen, überzogene Konsumhaltung (Wegwerfmentalität), fehlende Bereitschaft, mühevolle Beziehungsarbeit leisten zu wollen oder zu können uvm. Was "Gender" betrifft: Solange die Bewegung mit emanzipativem Anspruch daherkommt, der für die Interessen von Minderheiten eintritt, verdient sie volle Unterstützung. Aber es gibt wohl auch dogmatische und destruktive Tendenzen der Intoleranz gegenüber dem Mainstream, die sich gegen konservative Lebensmodelle, unsere Sprache und unser Denken richten.
Fernsehauftritt der Kanzlerin in der Flüchtlingskrise
Die Kanzlerin verkörperte in diesem Gespräch alles, was wir in der FDP mit "GERMAN MUT" ausdrücken wollen: Optimismus, Grundsatztreue, Selbstvertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit, Entschlossenheit, sich gewaltigen Herausforderungen zu stellen, voranzugehen und in Europa Führung zu zeigen. Und eben viel Mut, dafür mit der eigenen Person einzustehen. Dieser offene und ehrliche, sehr lutherische Auftritt war anrührende, große Kommunikation.
Liberale Handschrift in der Flüchtlingspolitik
Ein sächsischer FDP-Ortsverein lädt zu einer Abendveranstaltung mit der "AfD"-Vorsitzenden Frauke Petry ein und erntet breite Zustimmung vor Ort. Nach Einschätzung von Tom Thieme, Politikwissenschaftler an der TU Chemnitz, stehe die FDP derzeit vor einem Dilemma: Die Partei müsse entweder einen asylfreundlichen oder einen asylkritischen Kurs einschlagen. Eine asylfreundliche FDP würde sich allerdings kaum von anderen Parteien abheben. Und eine asylkritische FDP könne der AfD nicht das Wasser reichen, wenn es um das Flüchtlingsthema gehe. Dieses Dilemma führe zu irrationalen Entscheidungen wie der, Frauke Petry einzuladen, so Thieme.
Ich sehe das Dilemma für die FDP nicht, das Tom Thieme beschreibt. Als humanistisch geprägte Rechtsstaatspartei stehen wir ohne Wenn und Aber zum Asylrecht. Möglichkeiten zur Profilschärfung gibt es dabei genug: Entbürokratisierung, integrationsfördernde, dezentrale Unterbringung, Förderung von bürgerschaftlichem Engagement, Anreize zu Eigenleistung und Eigeninitiative von Flüchtlingen schaffen etc. Es gibt breiten Raum für genuin liberale Impulse und Aktivitäten in der Flüchtlingspolitik. Gemütliche Abende mit Frauke Petry gehören aber ganz sicher nicht dazu.
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