Drei Ansätze zu
einer liberalen Naturpolitik
Neben zwei oder drei
Kernthemen, die unseren Wahlkampf prägen werden, benötigen wir auch
in anderen Politikbereichen eine genuin liberale Handschrift. Die
Zeiten müssen vorbei sein, in denen wir uns auf wenige Themen
beschränken und alle anderen weitgehend der politischen Konkurrenz
überlassen. Ein solches Thema ist die Natur- und Umweltpolitik. In
den siebziger Jahren gab es wichtige umweltpolitische Initiativen der
FDP, seither aber ist das Thema Umweltpolitik und insbesondere die
Naturpolitik randständig vernachlässigt worden. Deshalb meine
These:
Die FDP muss die
Naturpolitik als Thema zurückerobern und den Hegemonieanspruch der
Bündnisgrünen in der Naturpolitik zurückweisen. Wir können
Naturpolitik besser!
Dazu aber braucht es
eine genuin liberale Handschrift und einen eigenen liberalen Ansatz
in der Naturpolitik. Ich möchte hierzu folgend drei
Ansatzmöglichkeiten zur Diskussion vorschlagen. Es handelt sich
dabei nicht um konkrete politische Forderungen, sondern um allgemeine
Ausrichtungen, die im Zusammenhang mit Grundsatzpositionen in anderen
Politikbereichen gesehen werden müssen.
Ansatz 1.
Naturpolitik mit den Menschen, nicht gegen die Menschen!
Die bisher
praktizierte Naturschutzpolitik – insbesondere auch die der
Naturschutzverbände – ist sehr häufig gegen die Menschen und ihre
Interessen gerichtet. Menschen werden beim Naturschutz, insbesondere
da, wo es um den Schutz bedrohter Arten geht, in der Regel nur als
Störfaktor gesehen, der effektivem Naturschutz im Weg steht. Die
Folge ist etwa, dass das Betreten ausgedehnter Flächen in
Naturschutzgebieten häufig komplett untersagt wird. Ein solches
Naturschutzkonzept ist kontraproduktiv, da es Menschen aussperrt und
intensives Naturerleben, das erst die Bereitschaft zu
Naturschutzbemühungen fördert, völlig ausschließt.
Das liberale
Verständnis setzt auf den mündigen, aufgeklärten Menschen und auf
seine Bereitschaft, im Einklang mit eigenen Interessen im Verkehr, in
der Landwirtschaft und im Freizeitverhalten zum Naturschutz aus
eigenem Antrieb beizutragen. Liberale Politik sperrt Menschen nicht
aus, sondern bezieht sie mit ein, ermöglicht Begegnung mit der
Natur, fördert aktiv Aufklärung und die Bereitschaft zur Mitarbeit.
So entsteht das Gefühl, dass man selber am Naturschutz beteiligt
wird und er nicht gegen einen und die eigenen legitimen Interessen
repressiv durchgesetzt wird.
Ansatz 2. Toleranz
und Vielfalt – auch in der Naturpolitik!
An der Herkulesstaude oder dem Riesenbärenklau (Heracleum
mantegazzianum, Syn.: Heracleum giganteum) scheiden sich
bei uns im Siegtal die Geister. Eine regionale Initiative hat sich
gegründet, die dem angeblich gefährlichen Neophyten (das sind
Pflanzen fremdländischen Ursprungs - also Einwanderer) den Garaus
machen sollen: Das "KulturBiotop Siegtal" fordert ein
herkulesstaudenfreies Siegtal. Doch auch andere Einwanderer stehen
auf der Abschussliste, so im Siegtal der Staudenknöterich (Fallopia
japonica , auch Polygonum cuspidatum) und das indische
Springkraut (Impatiens glandulifera). Alle drei attraktiven
Arten kultivieren wir erfolgreich in den WINDECKER GARTENTRÄUMEN.
Auf der Geltinger Birk in Schleswig Holstein wird die Kartoffelrose
(Rosa rugosa, hier im Foto) bekämpft: Ein
wunderschöner Anblick am Meer, doch auch sie ein vermeintlich
„gefährlicher invasiver Neophyt“, weil sie eine andere, hier
länger heimische Wildrosenart verdrängt.
Nicht wenige
Menschen stellen das Existenzrecht von Neozoen und Neophyten, von
eingebürgerten Tieren und Pflanzen, in Frage. Häufig wird dann
ökologisch argumentiert: Die Neubürger störten das ökologische
Gleichgewicht und verdrängten „einheimische“ Arten, was sie ohne
Zweifel mitunter tun. Dahinter steht dann immer eine statische
Vorstellung von Lebensgemeinschaften: Die Alteingesessenen haben eine
Lebensberechtigung, die Neubürger gelten als Störfall, als
Bedrohung. Diese Menschen glauben an eine ewiggültige Vorstellung
von „deutschem“ Wald und „deutscher“ Flur. Arten, die zu
Goethes Lebzeiten schon hier waren, gehören dazu. Arten, die später
gekommen sind, nicht.
Die entgegengesetzte Sicht ist die, Lebensgemeinschaften dynamisch zu betrachten, d.h. wie die Evolution selbst ständig Veränderungen unterworfen. Neuankömmlinge gelten so als Bereicherung, selbst dann, wenn sie alteingesessene Arten verdrängen. Arten haben allein durch ihr Dasein eine Lebensberechtigung erworben.
Die entgegengesetzte Sicht ist die, Lebensgemeinschaften dynamisch zu betrachten, d.h. wie die Evolution selbst ständig Veränderungen unterworfen. Neuankömmlinge gelten so als Bereicherung, selbst dann, wenn sie alteingesessene Arten verdrängen. Arten haben allein durch ihr Dasein eine Lebensberechtigung erworben.
Als Liberale sollten
wir für ein dynamisches Naturverständnis eintreten und Toleranz
praktizieren, so wie wir es im gesellschaftlichen Bereich längst
ganz selbstverständlich tun. Für gesellschaftliche Vielfalt und
Toleranz einzutreten und gleichzeitig ein starres, statisches
Naturverständnis zu propagieren und zum Vernichtungsfeldzug von
„invasiven Neozoen und Neophyten“ aufzurufen, passt einfach nicht
zusammen! (Dies als kleiner Wink an befreundete
FDP-Kommunalpolitiker, für die dieser Spagat kein Problem zu sein
scheint...) Als Partei der Vielfalt, der Toleranz und der
„Willkommenskultur“ müssen wir ein solches Verständnis auch der
Natur gegenüber praktizieren.
Ansatz 3. Mehr
Nichtintervention wagen!
Im Vergleich zu
unseren politischen Konkurrenten neigen Liberale traditionell
deutlich weniger zu Interventionen – etwa des Staates in den
Wirtschaftskreislauf. Anarcholibertäre treiben diese
Nichtintervention, das Laissez-Faire, bekanntlich auf die Spitze,
doch selbst „Sozialliberale“ unterscheiden sich im Hinblick auf
die Hemmung zum Eingriff noch deutlich von Sozialdemokraten. Wir
greifen nicht ein, weil wir glauben, dass sich spontane Ordnungen
besser, innovativer und effektiver regulieren. Wir sollten dieses
Prinzip als Liberale auf unseren Umgang mit der Natur übertragen!
Selbst in der
Kulturlandschaft ist sehr viel mehr Wildnis möglich. Mehr Flächen
ausweisen, die sich selbst überlassen bleiben. Jagd nur noch dort,
wo andere, naturnähere Methoden der Bestandsregulierung versagen.
Mehr Mut bei der Ansiedlung von bestandsregulierenden Prädatoren wie
Wolf und Bär. Vielfalts- und stabilitätsorientierte Aufforstung.
Bei Schäden prüfen, ob eine natürliche Selbstregulation und
Selbsttherapie der Naturlandschaft nicht möglich und vorzuziehen
ist. Und vieles mehr.
Fazit: Drei Ansätze
zu einer liberalen Handschrift in der Naturpolitik, die dem Menschen
mehr zutraut, nämlich aktiv am Naturschutz mitwirken zu wollen und
zu können. Die der Natur mehr zutraut, nämlich ohne menschliche
Eingriffe Stabilität organisieren zu können. Die auf Vielfalt und
Toleranz setzt, originär freiheitliche Tugenden - in der
menschlichen Gesellschaft längst erprobt.
Für Ergänzungen
bin ich dankbar!
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