Dienstag, 20. Oktober 2015

Fragen an Hannah Arendt

Akif Pirincci links neben Pegida-Gründer Lutz Bachmann 


Von der „Banalität des Bösen“ sprach Hannah Arendt in Bezug auf Adolf Eichmann. Was würde sie wohl zu Akif Pirincci sagen, wenn sie ihn noch erleben müsste? Die Lichtgestalt der deutschen Kulturlandschaft hat es mit unsäglichen Parolen fertiggebracht, selbst auf der gestrigen Pegida-Demonstration in Dresden ausgepfiffen zu werden und die „Rede“ abbrechen zu müssen. Das Internetportal Pirinccis „Der kleine Akif“ gehört wohl zum Bizarrsten, was man in diesem Medium finden kann. Bei manchen Beiträgen verschlägt es einem schlicht die Sprache, etwa bei „Das Mösentuch“ oder „Tanz den Joseph Goebbels“ , indem es heißt: „[...] Je mehr die rot grün versifften Polit-Steuergeldschmarotzer angesichts der Moslem-und-Afro-Invasion Morgenluft für die Verwüstung der Heimat und des Austauschs des eigenen Volkes durch Analphabeten aus Scheißhaufenistan wittern, desto stärker fühlen sie sich bei Widerstand zu Methoden ihrer Urväter genötigt, welche zu jener schönen Zeit noch die klare Luft über den KZ-Türmen inhalieren durften.[...]“
Kann man wirklich so denken, fragt man sich. Ist soviel Hass und Menschenverachtung überhaupt vorstellbar? Ist soviel Abgründiges und Unterirdisches überhaupt noch Meinung, oder destillierte Provokation ohne jeden intellektuellen Anspruch? Sind die Ergüsse Ausdruck einer Psychopathologie und Folge einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Identitätsbildung?

Vor allem aber fragt man sich, wie man selbst mit dieser Unkultur umgehen soll. Sich damit überhaupt auseinandersetzen und Pirincci damit ernstnehmen? Sich gar provozieren lassen – und ihm damit genau das geben, was er erreichen will? Oder ihn komplett ignorieren und totschweigen, weil es eigentlich nur das sein kann, was seine Ergüsse verdienen? Ist es gerechtfertigt, ihn zu pathologisieren und sogar Mitleid zu empfinden? Ist so ein Mensch eine ernstzunehmende Gefahr für unsere Gesellschaft und unser politisches Gemeinwesen? Wertet man ihn nicht völlig unverdient auf, wenn man ihn zu einem Gefährder hochstilisiert? Oder muss man Menschen wie ihn doch ernstnehmen? 

Wenn wir nur Hannah Arendt befragen könnten...

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