Nudging
„Nudging“
heißt das neue Zauberwort, dem sich das politische Berlin verschrieben
hat. Ein Nudge oder Stupser ist der Versuch, das Verhalten von Menschen
ohne Verbote oder Befehle zu beeinflussen und zu verändern. Die Methode
trägt der offensichtlichen Tatsache Rechnung, dass die alte
Verbotskultur des Obrigkeitsstaates mit Verbotsschildern wie „Rasen
betreten verboten“ und Hinweisen wie „Eltern haften für ihre Kinder“ in
einer freiheitlichen Welt – oder zumindest in einer Welt, die den
Anspruch erhebt, freiheitlich zu sein, ihren Charme völlig verloren hat.
Der Begriff wurde vom Wirtschaftswissenschaftler Richard Thaler und vom
Rechtswissenschaftler Cass Sunstein in ihrem 2008 erschienenen Buch
„Nudge. Improving Decisions About Health, Wealth, and Happiness“
(deutscher Titel: „Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt“)
geprägt. Es geht den Autoren um Verhaltensänderung in eine gewünschte
Richtung, um eine Beeinflussung ihrer „Entscheidungsarchitektur“.
Das
Bestreben, menschliches Verhalten nach eigenen Vorstellungen zu
verändern, bezeichnen wir gemeinhin als Paternalismus. Ärzte und
Psychotherapeuten, auch Rechtsanwälte und besonders Lehrer, neigen in
besonderer Weise zum Paternalismus. Sie wissen besser, oder glauben,
besser zu wissen, was gut und was schlecht für ihre Patienten, Klienten,
Mandanten und Schüler ist. Alle Angehörigen der Freien Berufe sind von
ihrem edukativen oder therapeutischen Selbstverständnis her
Paternalisten. Aufgrund ihres Wissensvorsprungs handeln sie zum Wohle
der ihnen Anvertrauten, wenn sie deren Denken, Fühlen und Handeln zu
beeinflussen versuchen. Zumindest haben sie den Anspruch, in deren
wohlverstandenem Interesse zu handeln. Und häufig, aber durchaus nicht
immer, ist es auch so. Patienten, Klienten, Mandanten und Schüler folgen
häufig den Anweisungen im Vertrauen, gelegentlich sträuben oder
widersetzen sie sich, empfinden die Vorschriften und Maßregeln als
anmaßende Bevormundung ihrer eigenen Handlungs- und
Entscheidungsfreiheit.
Libertärer Paternalismus
Thaler
und Sunstein bezeichnen ihr Modell als „libertären Paternalismus“. Was
das bedeutet, lässt sich am Beispiel der Fliege zeigen: Männer, die ein
Toilettenurinal verwenden, zielen bekanntlich häufig suboptimal – der
verspritzte Urin wird zum Ärgernis. Auf der Flughafentoilette des
Amsterdamer Flughafens Schiphol hatte deshalb ein Betriebswirt die Idee,
das Bild einer schwarzen Stubenfliege in die Schüsseln der
Flughafen-Urinale zu ätzen, gleich neben dem Abfluss. Das Ergebnis war
ausgesprochen positiv: 80 Prozent weniger ging daneben. Und das, obwohl
kein Mann bei Androhung von Strafe oder sozialer Ächtung gezwungen
wurde, die Fliege anzuzielen. Allein die Bereitstellung der
„Entscheidungsarchitektur“ führte zum gewünschten Ergebnis: Eine
freiwillige Verhaltensänderung. Dem Entscheider steht jederzeit die
Möglichkeit offen, sich gegen den Weg zu entscheiden, auf den er
“gestupst” wird. Libertärer Paternalismus eben.
Libertäre
Paternalismus weiß genau, was für den Menschen gut ist. Er handelt zum
Wohl der Bürger und bringt sie auf den rechten Weg. Wie sollen wir
Liberale uns dazu stellen? Entfaltet dieses Modell nicht enormen Charme?
Oder ist es am Ende wohl doch ein Anschlag auf die Freiheit? Immerhin:
Solange mir als Toilettenbenutzer die Wahl bleibt, auf die Fliege zu
zielen – oder aus Renitenz bewusst daneben, kann ich als Liberaler wohl
mit dem Stubser ganz gut leben – allemal besser als mit
Verbotsschildern, die mir an öffentlichen Gewässern auf
unmissverständliche und wenig charmante Art das Baden untersagen.
Allerdings nur, solange mir die Wahl bleibt – und solange aus dem
Stubser kein übler Anrempler wird.
Wie erzieherisch dürfen Liberale sein?
Es
stellt sich grundsätzlich die Frage, wieviel edukativen oder
therapeutischen Anspruch wir Liberale uns zugestehen können und wollen.
Ist es überhaupt mit unserem freiheitlichen, toleranten Anspruch zu
vereinbaren, an anderen Menschen herumzuerziehen und herumzudoktern,
wenn sie uns nicht ausdrücklich dazu aufgefordert haben? Mitunter reden
wir uns mit mangelnder Reife oder Einsichtsfähigkeit heraus, bei
Minderjährigen etwa oder bei Patienten mit bestimmten psychiatrischen
Erkrankungen. Hier setzen wir uns im Interesse der Allgemeinheit und im
angenommenen Eigeninteresse der Betroffenen über deren Eigenwillen
hinweg. Dies wird gewöhnlich dann auch gesellschaftlich so weitgehend
akzeptiert.
Wie
aber steht es etwa mit volljährigen Obdachlosen, die im
Innenstadtbereich – aus unserer Wahrnehmung – verwahrlosen, ihren Körper
durch Drogen schädigen, ihr menschliches Potenzial scheinbar sinnlos
verschleudern? Jedem unter uns, der die Welt mit humanistischem,
therapeutischem oder erzieherischem Anspruch betrachtet, ziehen sich bei
solchen Bildern die Eingeweide zusammen. Aus rechtlicher Sicht haben
wir gar keine Möglichkeit, zu intervenieren, wenn die Betroffenen es
nicht wollen. Die interessante Frage, die sich vor allem dem Liberalen
stellt, ist aber: Dürfen oder sollten wir überhaupt auch nur den
Anspruch erheben, hier eingreifen zu wollen? Verletzen wir nicht mit
einem solchen Anspruch schon das Recht dieser Menschen auf
Selbstbestimmung?
Relativismus
Es
gibt nicht wenige Liberale und noch mehr Libertäre, die zum
Werterelativismus neigen. Für sie ist jede Lebensform gleich gut und
gleich schlecht, jede Erkenntnis gleich wahr und gleich falsch, jeder
Sinneseindruck gleich schön und gleich hässlich. Zumindest behaupten sie
das, weil es ihrem selbstkonstruierten Weltbild entspricht. Ich
bestreite, dass es so ist, denn es gibt nachweislich uns angeborene
Kategorien des Wahren, Guten und Schönen. Unser Gehirn ist so angelegt,
dass es verbindliche Werturteile gibt, die wir nicht einfach beiseite
wischen können. Auch wenn unser kulturrelativistisch ausgerichteter
Neocortex es so haben möchte: Unsere älteren Gehirnanteile, das
limbische System, die Basalganglien, unser Unterbewusstsein, haben
genaue, entwicklungsgeschichtlich erworbene Vorstellungen davon, was
gut, wahr und schön ist. Darum kommen auch Kulturrelativisten und
Werterelativisten nicht herum.
Die
Ikone der Relativisten ist Conchita Wurst, die Sängerin,
Travestiekünstlerin, Dragqueen mit Vollbart, die ihr relativistisches
Programm schon im Namen trägt: Die Lebensform, die sexuelle Identität,
alles ist wurscht. Es gibt kein richtiger oder falscher, kein besser
oder schlechter. Für Liberale und Libertäre relativistischer Gesinnung
ist alles gleichermaßen zu akzeptieren und zu tolerieren. Es ist eh
alles wurscht.
Wertgebundener Liberalismus
Keineswegs
alle Liberalen waren und sind Werterelativisten. Die bedeutenden
Ordoliberalen und Neoliberalen waren in ihren Vorstellungen alle
dezidiert wertgebunden. In besonderer Weise trifft das auf Wilhelm Röpke
zu. Er unterschied scharf zwischen bloßer Libertinage, dem „anything
goes“ und einem wahren Liberalismus, der immer wertgebunden und für
Röpke fest im Christentum verankert war. Er hatte klare Vorstellungen
von Staat und Gesellschaft und vom autonomen, wertgebundenen, im
Idealfall zur materiellen Selbstversorgung fähigen Bürger. Aus Sicht
radikaltoleranter Relativisten war Röpke wenig tolerant. Mit Conchita
Wurst und sehr vielen Erscheinungen der modernen Welt hätte er sich –
und hat er sich (er starb 1966) sehr schwer getan.
Sicherlich
werden wir heute vielem, was für Röpke Ausdruck von Vermassung,
Entfremdung und Degeneration war, gelassener und toleranter begegnen.
Unsere Welt verändert sich und wir mit ihr. Dem Bizarren, Schrillen
begegnen wir mit viel mehr Offenheit, als Wilhelm Röpke dies tat.
Dennoch bleibt aus meiner Sicht für Liberale, müssten wir uns zwischen
den Idolen Conchita Wurst und Wilhelm Röpke entscheiden, die Antwort
eindeutig und klar: Auch und gerade der liberale Mensch braucht
Wertmaßstäbe und wertgebundene Orientierung. Sie erst verleiht ihm
Sicherheit und Haltung. Ich plädiere hier für einen wertgebundenen
Liberalismus, der auf verlässlichen Vorstellungen des Wahren, Guten und
Schönen gründet.
Liberale und die Freien Berufe
Nicht
ohne Grund kommen viele Liberale traditionellerweise aus den Freien
Berufen, also aus dem gesellschaftlichen Segment, das in besonderer
Weise paternalistische Neigungen und Vorstellungen entwickelt. Viele
Liberale sind Ärzte, Psychologen und Psychotherapeuten, Lehrer und
Erzieher, Rechtsanwälte. Sie arbeiten mit Menschen und in besonderer
Weise am Menschen. Ein Arzt oder Therapeut, der keine Vorstellung von
gesundheitsfördernder Lebensweise entwickeln und versuchen würde, seine
Patienten oder Klienten in diesem Sinne zu beeinflussen, wäre kein guter
Arzt oder Therapeut. Ein Lehrer, der keinen pädagogischen Anspruch
hätte, wäre kein guter Lehrer. Freiberufler sind Dienstleister am
Menschen und wollen, ja müssen, im Hinblick auf den Menschen wirken,
verändern, beeinflussen. Sie tun dies, gerade als Liberale, mit
freiheitlichem und humanistischem Anspruch. Gerade sie wissen, dass
exzessive Toleranz auch Gleichgültigkeit bedeuten kann und den Verzicht
darauf, Lebensverhältnisse von Menschen verbessern zu wollen.
Für einen wertgebundenen normativen Liberalismus
Liberale
dürfen, wenn sie ihrem eigenen humanistischen Anspruch genügen wollen,
therapeutisch und erzieherisch denken und handeln. Sie dürfen einen
normativen Anspruch verfolgen und Lebensverhältnisse von Menschen
verändern wollen und das tatsächlich tun. Das ist das Wesen und die
Kernaufgabe von Politik. Hätten wir diesen Anspruch nicht, wäre unsere
Organisation überhaupt keine politische Partei. Anders als bei unseren
politischen Wettbewerbern steht aber immer der einzelne Mensch und sein
prinzipielles Selbstbestimmungsrecht im Zentrum unserer Politik.
Liberale machen Politik für die Menschen und im Interesse dieser
Menschen. Wir dürfen menschliches Verhalten dabei auch verändern wollen.
„Nudging“
ist, wie jede Form des Paternalismus kein für Liberale gangbarer Weg,
der mit einer toleranten Freiheitskultur kompatibel ist. Wir setzen bei
gewünschter Verhaltensänderung von Menschen nicht auf Verbotsschilder
oder grüne Verirrungen wie den „Veggie-Day“ oder den
„Hundeführerschein“. Liberale wirken als Vorbilder, versuchen durch
überzeugende Modelle zu wirken, durch eigenes Vorleben glaubwürdige
Impulse zu vermitteln. Uns geht es dabei weniger um konkrete Lösungen
oder Lebensstile. Die soll jeder Mensch für sich selbst herausfinden.
Uns geht es um Mentalität, um Bewusstsein und um Lebenseinstellung, um
eine Kultur des Mutes, des Optimismus und der Lebensfreude. Wir wenden
uns gegen einen angstfixierten, depressiven Zeitgeist und die lähmende
Lethargie, die seine Folge ist. Wir sehen unsere Aufgabe darin, Mut zu
machen, eigenständig zu denken und den eigenen Weg zu gehen, an sich zu
glauben, sich zu entwickeln und zu entfalten. Wir kommunizieren,
erklären politische Absichten so, wie es der gute Arzt und der gute
Lehrer mit den von ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen tun. Dabei müssen wir
kein schlechtes Gewissen haben. Wir sollten uns die Sinne nicht mit
falschverstandenem werterelativistischem Toleranzgefasel vernebeln. Wir dürfen wirken und wir
müssen das auch wollen.
Haben sich unsere Sozialverwaltungen von ihrem eigentlichen Ziel entfernt? Ihrem Ziel, das darin besteht, den Bürger zu befähigen, ein unabhängiges Leben zu führen, eigenverantwortlich zu handeln und sein Leben in Freiheit selbst zu gestalten? Nehmen wir als Beispiel die Bundesagentur für Arbeit (BA, ehemals Bundesanstalt für Arbeit, umgangssprachlich Arbeitsamt), die Verwaltungsträgerin der deutschen Arbeitslosenversicherung. Sie erbringt die Sozialleistungen am Arbeitsmarkt, insbesondere Leistungen der Arbeitsvermittlung und -förderung sowie finanzielle Entgeltersatzleistungen, z. B. das Arbeitslosengeld. Sie ist eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung und Anstaltscharakter. Wird diese BA ihrer Aufgabe der Hilfe zur Selbsthilfe für mündige, eigenverantwortliche Bürger gerecht?
Ich denke nicht. Die Bundesagentur für Arbeit ist zu einem Magneten geworden: Wer ihm nahe kommt, der wird von ihm angezogen. Und je näher man ihm kommt, desto stärker hält die BA den Bedürftigen mit ihren Verfahren, Formularen und Leistungen fest. Sie führt in die Abhängigkeit.
Die Sog- und Suchtwirkung des Sozialstaates lässt sich in den Arbeitsagenturen eindrucksvoll beobachten. Die Menschen wirken schwerfällig bedrückt, der unmenschlich-würdelosen Prozedur hilflos ausgeliefert. Kontroll- und Impulsverluste sind deutlich. Die Menschen kämpfen sich sozial isoliert durch ihren Formularwust. Die Agentur geißelt ihre „Kunden“ mit Zuckerbrot und Peitsche: Der Verlockung ihrer mildtätigen Finanzleistungen mag sich keiner entziehen. Dabei besteht seitens der Agentur kein Interesse, den Menschen zu würdevoller, selbstbestimmter Lebensführung zu verhelfen. Stattdessen liegt die Absicht in einer pfleglichen Verwaltung und Betreuung der Abhängigen.
Diese Ausrichtung der Sozialverwaltung widerspricht ihrer Kernfunktion, den Menschen zu helfen, zu einem selbstbestimmten Leben in Freiheit und Würde zurückzufinden. Zu fordern ist deshalb eine Verwaltungsstruktur, die wie ein umgepolter Magnet wirkt: Wer ihm nahekommt, muss immer wieder in die Selbstbestimmung und Unabhängigkeit zurückgebracht werden.
Mit politischen Mitteln allein wird sich die Verwaltungsstruktur des Sozialstaats kaum umkehren lassen. Appelle verpuffen, wo die scheinbare Interessenlage so eindeutig ist. Gefordert ist eine Emanzipation der Bürger von der Bürokratie. Gefordert ist, Mut zu machen, Lebenskrisen wie die Arbeitslosigkeit in eigener Regie, flankiert durch soziales Engagement des persönlichen Umfelds zu bewältigen. Dies ist ein schwieriger, aber notwendiger Weg zur Rückeroberung der eigenen Selbstbestimmung und Würde.
Hilfreich erscheinen aufklärerische Erziehung und Organisation von Selbsthilfe in Betroffenengruppen. Wichtig sind persönlichkeitsfördernde Impulse, die neues Selbstbewusstsein, Initiative und Unternehmergeist befördern. Die Betroffenengruppen können ein neues Gemeinschaftsgefühl generieren, das durch Zeiten der finanziellen Enge hindurchträgt. Die Menschen werden lernen, dass (vorübergehender) materieller Verzicht erträglich wird, wenn dafür Freiheit, Selbstrespekt und Würde zurückgewonnen werden.
Die erlernte Hilflosigkeit
Ein zentrales psychologisches Konzept, das im Zusammenhang mit der Abhängigkeit vom Sozialstaat und seinen Bürokratien eine Rolle spielt, ist das Konzept der Erlernten Hilflosigkeit. Es geht davon aus, dass Individuen infolge von Erfahrungen der Hilf- oder Machtlosigkeit ihre Verhaltensweisen massiv einengen, indem sie als unangenehm erlebte Zustände nicht mehr abstellen, obwohl sie es objektiv betrachtet könnten. Das von Martin Seligman und Steven Maier 1967 entwickelte Konzept bezeichnet die Erwartung eines Individuums, bestimmte Situationen oder Sachverhalte nicht kontrollieren und beeinflussen zu können. Das Individuum erfährt einen Kontrollverlust, indem eine ausgeführte Handlung und die daraus resultierende Konsequenz als unabhängig voneinander wahrgenommen werden. Diese Erwartung beeinflusst das weitere Erleben und Verhalten des Individuums und kann sich in motivationalen, kognitiven und emotionalen Defiziten manifestieren (Seligman, 1975). Spürbare Folgen des Verhaltens sind zunehmende Passivität und Initiativlosigkeit.
Entscheidungsspielräume und Handlungsspielräume werden zunehmend eingeschränkt. Die Fähigkeit, frei und verantwortlich zu handeln, verkümmert.
Die Folgen sind Abhängigkeit und zunehmende Fremdsteuerung. Beides steht im Widerspruch zur ursprünglichen Absicht der sozialstaatlichen Institutionen, nämlich Hilfe zur Selbsthilfe und rasche Rückführung arbeitslos gewordener Menschen in selbstgesteuertes Handeln und Eigenverantwortlichkeit zu gewährleisten.
“Starker Staat für starke Bürger”
(aus einem meiner Beiträge zur aktuellen FDP-Leitbilddiskussion)
[…] Ich denke, dass sowohl das liberale Staatsverständnis, wie auch das liberale Menschenbild Alleinstellungsmerkmale darstellen, die wir zur Profilierung herausarbeiten sollten.
“Starker Staat” ist ein konsequenter Rechtsstaat, der seine Funktionen auf wenige Bereiche begrenzt und bürgerschaftlichem Engagement möglichst große Freiräume lässt. Der starke Staat ist somit souverän und selbstbegrenzt, aber konsequent und entschlossen im Schutz und in der Förderung seiner Bürger.
Das liberale Menschenbild ist ein positives, das Menschen Kompetenz und Vernunft zuspricht und damit Würde garantiert, die sich aus freier Selbstbestimmung ergibt.
Diese Konzepte unterscheiden sich klar von schwarzen, roten und grünen Vorstellungen:
Ein diffuser Nanny-Staat, der krebsartig in alle Lebensbereiche hineinwuchert, der versorgt und betreut, vorschreibt und regelt bis zum Exzess, dabei aber immer weniger bewältigt, immer höhere Erwartungen weckt und diese immer schlechter bedient und damit Frustration und Staatsverdrossenheit hervorruft.
Ein Bürger, dem man weder Vernunft, noch Kompetenz, weder Bereitschaft, noch Befähigung zur eigenverantwortlichen Lebensgestaltung zutraut und ihn deshalb in fürsorglich-betreuender Absicht zunehmend infantilisiert und damit seiner Würde beraubt.
Liberales Leitbild bleibt der Homo sapiens und wird weder der Homo demenz noch der Homo infantilis. […]