Samstag, 27. August 2016
Verbot von Niqab und Burka
Alan Posener spricht sich entschieden gegen ein Burkaverbot aus, um, wie er sagt, den Liberalismus zu verteidigen.
Mir geht es weniger um "den Liberalismus", als um die alltagsweltlich gelebte Freiheitskultur in unserem Land. Hier stellt sich entschieden die Frage, ob Akzeptanz und Tolerierung von Symbolen einer religiös-ideologischen Repressions- und Dominanzkultur mit dieser Freiheitskultur vereinbar sind. Noch spannender allerdings ist die Frage, inwieweit eine (aus meiner Sicht unumgängliche) Ächtung dieser Kleidungsstücke durch Maßnahmen des Ordnungsstaates auch tatsächlich umgesetzt werden sollte, weil diese Maßnahmen selbst unausweichlich zu einer Beschädigung alltagsweltlicher Freiheit führen (man denke etwa an die Bilder vom Strand in Nizza). Gelebte Freiheitskultur bedarf hier einer sehr sorgfältigen Abwägung von notwendiger Verurteilung und stillschweigender Toleranz.
Nazisymbole haben wir - aus gutem Grund, wie ich finde - auch verboten, obwohl auch das die Freiheitskultur (zumindest theoretisch) einschränkt. Geächtet ist auch hier die Hakenkreuzflagge als Symbol und nicht der Mensch, der sie in seinem Vorgarten aufzieht. Wichtig scheint mir die klare Verurteilung solcher Symbole an sich. In wieweit man ihre Verwendung anschließend tatsächlich sanktioniert, ist eine nachgeordnete Frage - und eine der politischen Sensibilität.
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Eine klare Verurteilung von Burka und Niqab als Symbole einer repressiven religiösen Dominanzkultur sind notwendig. Was wir aber keinesfalls akzeptieren können, ist ein Ordnungsstaat, der Bürger gängelt. Im Bild französische Polizisten, die an einem südfranzösischen Strand eine muslimische Frau anweisen, ihre Ganzkörperbadebekleidung abzulegen. Zünftige Bußgelder sind dort bei Verstoß gegen das Burkini-Verbot üblich. Statt repressiver Maßnahmen, die einen empfindlichen Verlust an Freiheitskultur bedeuten, muss die Mehrheitsgesellschaft eine produktive Antwort auf die muslimische Badebekleidung finden: Eine allgemeine Rückkehr zur züchtigen Bademode von 1890 wäre eine Katastrophe. Eine völlige Liberalisierung der Badebekleidungsregeln, die neben Voll-Textil dann auch Textilfrei erlaubt, wäre hingegen eine produktive Antwort.
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Doch, die Burka passe in eine liberale Demokratie, meint Alan Posener - und bekennt sich damit zu einer uneingeschränkten Toleranzkultur. Burqa und Niqab sind aber Ausdruck einer repressiven Religionsmoral, sie zerstören ganz gezielt Individualität und unterdrücken Weiblichkeit und Körperlichkeit, richten sich also explizit gegen die Menschlichkeit der Frau als individuelles und körperliches Wesen. Sie in einer freiheitlichen Gesellschaft zu akzeptieren, bedeutet, die Unfreiheit selbst zu tolerieren, ein klares verteidigungsbereites Bekenntnis zur Freiheit zu unterlassen und damit ein schleichendes Unterhöhlen unserer Freiheitskultur zuzulassen.
Es geht auch nicht um die individuelle Frau und ihre individuelle Entscheidung, Ganzkörperverschleierung zu tragen. Vielleicht geht es nicht mal um die Zwänge und den psychologischen Druck, die diese individuelle Frau veranlassen dies zu tun. Worum es wirklich geht, ist die Freiheitskultur in diesem Land und der Widerstand gegen die Repression religiöser Moral und den Herrschaftsanspruch, den diese Kleidungsstücke im öffentlichen Raum entfalten. Worum es wirklich geht, ist unser Bekenntnis zu offener und menschlicher Interaktion und Kommunikation.
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