Donnerstag, 23. Februar 2017
Krawattentod
Zerstörung eines Machtsymbols, sexueller Flirt oder Kastration - Wofür steht der Krawattentod?
Männern werden an Weiberfastnacht von Frauen die Krawatten abgeschnitten. Das Karnevalsritual ist seit dem frühen 19. Jahrhundert in vielen Teilen Deutschlands Tradition. Umstritten ist aber, was der Brauch genau symbolisiert: Für die einen fällt ein männliches Machtsymbol der Schere zum Opfer. Krawattenträger verkörpern danach als Angehörige der oberen Mittelschicht in Wirtschaft und Verwaltung häufig männliche Macht, denen die Frauen beim Angriff auf das Kleidungsstück symbolisch zu Leibe rücken. Für andere ist die Krawatte ein sexuelles Symbol, das durch Farbe und Form betont auf das männliche Geschlechtsteil verweist. Das Spiel mit dem Symbol sexueller Männlichkeit ist somit Teil eines Balzrituals, bei dem Frauen auf subtile Weise sexuell kommunizieren und gesellschaftlich akzeptiert ihr Interesse zum Ausdruck bringen. Nach anderer Ansicht werden sexuelle Gewaltphantasien ausgelebt: Das Abschneiden des Schlipses symbolisiert die Kastration des gefürchteten oder verachteten Mannes.
Freitag, 10. Februar 2017
Individualitätsanforderungen und Psychopathologie
Es gebe einen Zusammenhang zwischen Individualisierungsanforderungen und zunehmend häufigen psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen in unserer Gesellschaft, meint die Soziologin Cornelia Koppetsch in ihrem Buch „Die Wiederkehr der Konformität. Streifzüge durch die gefährdete Mitte“. Die ständige Notwendigkeit, in der freiheitlichen Gesellschaft Individualität zu generieren, überfordere viele Menschen und mache sie psychisch krank. Auch der französische Soziologe Alain Ehrenberg betont in seinem Buch „Das erschöpfte Selbst“ den Zusammenhang zwischen Individualisierung und psychischen Erkrankungen. Die Ursache für stark zunehmende Erschöpfungsdepressionen und Angststörungen sieht er in ständig gestiegenen Anforderungen an Autonomie, Selbstverantwortung und Eigeninitiative, die gegenwärtig zunehmend schwierig zu realisieren seien. Nach Ehrenbergs Verständnis sei die Depression eine „Krankheit in der Verantwortlichkeit".
Sicher ist richtig, dass die Entfaltung von Individualität und der
mühsame Prozess der Autonomiegewinnung Persönlichkeiten fordern und auch
überfordern können. Nicht umsonst geben Menschen häufig ihrer Neigung
nach, Freiheit und Verantwortung zu meiden und sich in bequeme
Abhängigkeit und Bevormundung zu begeben. Es ist aber sicher nicht so,
dass starke Individualitätsansprüche und Autonomieanforderungen per se
krank machen. Das Problem liegt m.E. eher in Rollenansprüchen begründet,
die eine Unterdrückung oder Verleugnung eigener Bedürfnisse erfordern
und Menschen nicht so sein lassen, wie sie eigentlich sind. In diesem
Druck zur Verformung, zur Uneigentlichkeit, liegt ein erhebliches
psychisches Belastungsmoment begründet. Der Prozess hingegen, eine
echte, authentische Persönlichkeit zu gestalten, ist anstrengend und
fordernd, aber letztlich für die psychische Entwicklung förderlich und
gewinnbringend. Gelungene Autonomie und Individuation wirkt sich in
jedem Fall positiv auf die psychische Gesundheit aus.
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"Die Wiederkehr der Konformität - Streifzüge durch die gefährdete Mitte" von Cornelia Koppetsch bei der bpb: Schriftenreihe (Bd. 1654), 4,50 €.
Der Status: Für viele kein Problemthema. Was aber, wenn es sozial, beruflich oder wirtschaftlich nicht (mehr) rund läuft und Abstiegsängste plagen? Die Autorin spürt solchen Lebensläufen nach und analysiert, welche Folgen sie für die Betroffenen zeitigen – auch und immer mehr in der Mitte der Gesellschaft.
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"Die Wiederkehr der Konformität - Streifzüge durch die gefährdete Mitte" von Cornelia Koppetsch bei der bpb: Schriftenreihe (Bd. 1654), 4,50 €.
Der Status: Für viele kein Problemthema. Was aber, wenn es sozial, beruflich oder wirtschaftlich nicht (mehr) rund läuft und Abstiegsängste plagen? Die Autorin spürt solchen Lebensläufen nach und analysiert, welche Folgen sie für die Betroffenen zeitigen – auch und immer mehr in der Mitte der Gesellschaft.
Montag, 6. Februar 2017
Brauchen wir den Beutelsbacher Konsens?
Eine sehr empfehlenswerte neue Publikation der Bundeszentrale für
politische Bildung lädt ein, über politische Bildung, insbesondere in
unseren Schulen, neu nachzudenken: "Brauchen wir den Beutelsbacher
Konsens? Eine Debatte der politischen Bildung".
Der Beutelsbacher Konsens war das Ergebnis einer sehr einflussreichen Tagung von Politikdidaktikern stark divergierender parteipolitischer Lager im Herbst 1976 im schwäbischen Beutelsbach. Der Konsens legte Grundsätze für heftig umstrittene Ziele und Methoden politischer Bildung fest.
Der Beutelsbacher Konsens war das Ergebnis einer sehr einflussreichen Tagung von Politikdidaktikern stark divergierender parteipolitischer Lager im Herbst 1976 im schwäbischen Beutelsbach. Der Konsens legte Grundsätze für heftig umstrittene Ziele und Methoden politischer Bildung fest.
Er formulierte drei pädagogische Prinzipien: Kontroversitätsgebot,
Überwältigungsverbot und Befähigung zum politischen Handeln. Gemäß dem
Überwältigungsverbot, auch Indoktrinationsverbot, dürfen Lehrer ihren
Schülern nicht ihre Meinung aufzwingen, sondern sollen sie in die Lage
versetzen, sich mit Hilfe des Unterrichts eine eigene Meinung bilden zu
können. Das Gebot der Kontroversität zielt ebenfalls darauf ab, Schülern
freie Meinungsbildung zu ermöglichen. Lehrer sollen ein Thema
kontrovers darstellen und diskutieren, wenn es auch in Wissenschaft oder
Politik kontrovers erscheint. Lehrermeinungen sind für den Unterricht
unerheblich und dürfen nicht zur Überwältigung der Schüler eingesetzt
werden. Das Prinzip der Schülerorientierung soll Schüler in die Lage
versetzen, die politische Situation der Gesellschaft und ihre eigenen
Positionen zu analysieren und sich aktiv am politischen Prozess zu
beteiligen sowie nach Mitteln und Wegen zu suchen, die vorgefundene
politische Lage im Sinne ihrer eigenen Interessen zu beeinflussen.
Aus heutiger Sicht ist kritisch zu fragen, ob der Beutelsbacher Konsens nicht durch seine Überbetonung des Kontroversen und die starke Handlungsorientierung in einer Zeit zunehmender Komplexität zur Orientierungslosigkeit und Verunsicherung von Schülern beiträgt und ob Schülern in einer Entwicklungsphase erheblicher psychologischer Verunsicherung nicht verstärkt glaubhafte Rollenmodelle und Vorbilder präsentiert werden sollten.
http://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/236903/brauchen-wir-den-beutelsbacher-konsens
Indoktrination ist sicher ernstzunehmen. Aus meiner eigenen Erfahrung kenne ich das besonders von linken/grünen Lehrern, die stark ideologiegebunden unterrichtet haben. Als ebenso problematisch habe ich aber immer das völlige Fehlen von Orientierung empfunden, insbesondere in Bezug auf Wertediskussionen und moralische Maßstäbe. Häufig galt Werterelativismus als besonders chic und ein "anything goes" war die bestimmende Maxime. Desorientierung und Sinnkrise führen dann zu Anpassungsproblemen, Kriminalität und Drogenabusus, im Extremfall auch zum Suizid.
In der Publikation wird z.B. kritisch diskutiert, ob das starke Neutralitätsgebot nicht politische Lethargie befördert und zum Rückzug der apolitischen Generation beigetragen haben könnte. Ebenso wird die starke Emanzipationsorientierung des Beutelsbacher Konsenses heute eher kritisch gesehen, wie insgesamt die 68er-Bewegung heute differenzierter gesehen wird. Von psychologischer Seite werden vor allem negative Auswirkungen auf die Identitätsentwicklung betont. Die Wichtigkeit von Vorbildern und positiven Rollenmodellen wird wieder als wichtiger betrachtet, als es die 68er-Generation getan hat. Bindung und Identität wird gegenüber der Emanzipation wieder stärker geschätzt.
Die Betonung von Konflikt und Kontroverse richtete sich ja explizit gegen zwei Ausprägungen des herkömmlichen Politikunterrichts: Einmal die eher unpolitische und weitgehend deskriptive "Institutionenkunde", zum anderen die Vermittlung der Politik als harmonisierendes Miteinander, die das Verbindende der "Volksgemeinschaft" betonen sollte. Diese Wegwendung vom Gemeinsamen und Harmonisierenden hin zum Konfliktbetonten und Trennenden hat natürlich auch starke Auswirkungen auf das Menschenbild, das für gesellschaftliche Prozesse prägend ist.
Zur Forderung nach Neutralität: Etliche Interpreten des Beutelsbacher Konsenses sind der Auffassung, dass Indoktrinationsverbot und Kontroversitätsgebot nicht zwangsläufig auch ein Neutralitätsgebot beinhalten oder beinhalten sollten. Ich teile diese Auffassung. Strikte Neutralität würde ja bedeuten, dass Lehrer ihre eigene Meinung nicht in den Unterricht einbringen dürften. Schüler brauchen aber Orientierung an authentischen Persönlichkeiten, deren Meinung und Verhalten auch Rollenmodell sein kann. Wichtiger als Neutralität eines Lehrers erscheint mir völlige Transparenz, damit Schüler in der Lage sind, Meinung und Verhalten in ein weltanschauliches Gesamtgefüge einordnen zu können. Pluralismus ist aber insofern zu fordern, als auch abweichenden Meinungen im Unterricht Raum einzuräumen ist. [...] Ich stimme Ihnen insofern völlig zu, dass Schüler authentische Persönlichkeiten brauchen, die auch Rollenmodell sein können. Eigene Meinung entsteht aber sehr häufig nicht durch bloßes Übernehmen, sondern durch Reibung an Lehrermeinung. Frau X hat sicher Recht, dass es Impulse des Lehrers bedarf, die über Ihre/seine authentische Darstellung eigener Meinung hinausgehen müssen. Aus meiner Sicht ist nicht strikte Neutralität des Lehrers zu fordern, wohl aber Transparenz, Authentizität und Echtheit, sowie kritisch-pluralistische Impulssetzung, um auch anderen Meinungen Raum zu geben und so eine Urteilsbildung der Schüler anzuregen.
Etliche Interpreten des Beutelsbacher Konsenses sind der Auffassung, dass Indoktrinationsverbot und Kontroversitätsgebot nicht zwangsläufig auch ein Neutralitätsgebot beinhalten oder beinhalten sollten. Ich teile diese Auffassung. Strikte Neutralität würde ja bedeuten, dass Lehrer ihre eigene Meinung nicht in den Unterricht einbringen dürften. Schüler brauchen aber Orientierung an authentischen Persönlichkeiten, deren Meinung und Verhalten auch Rollenmodell sein kann. Wichtiger als Neutralität eines Lehrers erscheint mir völlige Transparenz, damit Schüler in der Lage sind, Meinung und Verhalten in ein weltanschauliches Gesamtgefüge einordnen zu können. Pluralismus ist aber insofern zu fordern, als auch abweichenden Meinungen im Unterricht Raum einzuräumen ist.
Die Betonung von Konflikt und Kontroverse richtete sich ja explizit gegen zwei Ausprägungen des herkömmlichen Politikunterrichts: Einmal die eher unpolitische und weitgehend deskriptive "Institutionenkunde", zum anderen die Vermittlung der Politik als harmonisierendes Miteinander, die das Verbindende der "Volksgemeinschaft" betonen sollte. Diese Wegwendung vom Gemeinsamen und Harmonisierenden hin zum Konfliktbetonten und Trennenden hat natürlich auch starke Auswirkungen auf das Menschenbild, das für gesellschaftliche Prozesse prägend ist.
Ich stimme Ihnen insofern völlig zu, dass Schüler authentische Persönlichkeiten brauchen, die auch Rollenmodell sein können. Eigene Meinung entsteht aber sehr häufig nicht durch bloßes Übernehmen, sondern durch Reibung an Lehrermeinung. Frau R. hat sicher Recht, dass es Impulse des Lehrers bedarf, die über Ihre/seine authentische Darstellung eigener Meinung hinausgehen müssen. Aus meiner Sicht ist nicht strikte Neutralität des Lehrers zu fordern, wohl aber Transparenz, Authentizität und Echtheit, sowie kritisch-pluralistische Impulssetzung, um auch anderen Meinungen Raum zu geben und so eine Urteilsbildung der Schüler anzuregen.
Aus heutiger Sicht ist kritisch zu fragen, ob der Beutelsbacher Konsens nicht durch seine Überbetonung des Kontroversen und die starke Handlungsorientierung in einer Zeit zunehmender Komplexität zur Orientierungslosigkeit und Verunsicherung von Schülern beiträgt und ob Schülern in einer Entwicklungsphase erheblicher psychologischer Verunsicherung nicht verstärkt glaubhafte Rollenmodelle und Vorbilder präsentiert werden sollten.
http://www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/236903/brauchen-wir-den-beutelsbacher-konsens
Indoktrination ist sicher ernstzunehmen. Aus meiner eigenen Erfahrung kenne ich das besonders von linken/grünen Lehrern, die stark ideologiegebunden unterrichtet haben. Als ebenso problematisch habe ich aber immer das völlige Fehlen von Orientierung empfunden, insbesondere in Bezug auf Wertediskussionen und moralische Maßstäbe. Häufig galt Werterelativismus als besonders chic und ein "anything goes" war die bestimmende Maxime. Desorientierung und Sinnkrise führen dann zu Anpassungsproblemen, Kriminalität und Drogenabusus, im Extremfall auch zum Suizid.
In der Publikation wird z.B. kritisch diskutiert, ob das starke Neutralitätsgebot nicht politische Lethargie befördert und zum Rückzug der apolitischen Generation beigetragen haben könnte. Ebenso wird die starke Emanzipationsorientierung des Beutelsbacher Konsenses heute eher kritisch gesehen, wie insgesamt die 68er-Bewegung heute differenzierter gesehen wird. Von psychologischer Seite werden vor allem negative Auswirkungen auf die Identitätsentwicklung betont. Die Wichtigkeit von Vorbildern und positiven Rollenmodellen wird wieder als wichtiger betrachtet, als es die 68er-Generation getan hat. Bindung und Identität wird gegenüber der Emanzipation wieder stärker geschätzt.
Die Betonung von Konflikt und Kontroverse richtete sich ja explizit gegen zwei Ausprägungen des herkömmlichen Politikunterrichts: Einmal die eher unpolitische und weitgehend deskriptive "Institutionenkunde", zum anderen die Vermittlung der Politik als harmonisierendes Miteinander, die das Verbindende der "Volksgemeinschaft" betonen sollte. Diese Wegwendung vom Gemeinsamen und Harmonisierenden hin zum Konfliktbetonten und Trennenden hat natürlich auch starke Auswirkungen auf das Menschenbild, das für gesellschaftliche Prozesse prägend ist.
Zur Forderung nach Neutralität: Etliche Interpreten des Beutelsbacher Konsenses sind der Auffassung, dass Indoktrinationsverbot und Kontroversitätsgebot nicht zwangsläufig auch ein Neutralitätsgebot beinhalten oder beinhalten sollten. Ich teile diese Auffassung. Strikte Neutralität würde ja bedeuten, dass Lehrer ihre eigene Meinung nicht in den Unterricht einbringen dürften. Schüler brauchen aber Orientierung an authentischen Persönlichkeiten, deren Meinung und Verhalten auch Rollenmodell sein kann. Wichtiger als Neutralität eines Lehrers erscheint mir völlige Transparenz, damit Schüler in der Lage sind, Meinung und Verhalten in ein weltanschauliches Gesamtgefüge einordnen zu können. Pluralismus ist aber insofern zu fordern, als auch abweichenden Meinungen im Unterricht Raum einzuräumen ist. [...] Ich stimme Ihnen insofern völlig zu, dass Schüler authentische Persönlichkeiten brauchen, die auch Rollenmodell sein können. Eigene Meinung entsteht aber sehr häufig nicht durch bloßes Übernehmen, sondern durch Reibung an Lehrermeinung. Frau X hat sicher Recht, dass es Impulse des Lehrers bedarf, die über Ihre/seine authentische Darstellung eigener Meinung hinausgehen müssen. Aus meiner Sicht ist nicht strikte Neutralität des Lehrers zu fordern, wohl aber Transparenz, Authentizität und Echtheit, sowie kritisch-pluralistische Impulssetzung, um auch anderen Meinungen Raum zu geben und so eine Urteilsbildung der Schüler anzuregen.
Etliche Interpreten des Beutelsbacher Konsenses sind der Auffassung, dass Indoktrinationsverbot und Kontroversitätsgebot nicht zwangsläufig auch ein Neutralitätsgebot beinhalten oder beinhalten sollten. Ich teile diese Auffassung. Strikte Neutralität würde ja bedeuten, dass Lehrer ihre eigene Meinung nicht in den Unterricht einbringen dürften. Schüler brauchen aber Orientierung an authentischen Persönlichkeiten, deren Meinung und Verhalten auch Rollenmodell sein kann. Wichtiger als Neutralität eines Lehrers erscheint mir völlige Transparenz, damit Schüler in der Lage sind, Meinung und Verhalten in ein weltanschauliches Gesamtgefüge einordnen zu können. Pluralismus ist aber insofern zu fordern, als auch abweichenden Meinungen im Unterricht Raum einzuräumen ist.
Die Betonung von Konflikt und Kontroverse richtete sich ja explizit gegen zwei Ausprägungen des herkömmlichen Politikunterrichts: Einmal die eher unpolitische und weitgehend deskriptive "Institutionenkunde", zum anderen die Vermittlung der Politik als harmonisierendes Miteinander, die das Verbindende der "Volksgemeinschaft" betonen sollte. Diese Wegwendung vom Gemeinsamen und Harmonisierenden hin zum Konfliktbetonten und Trennenden hat natürlich auch starke Auswirkungen auf das Menschenbild, das für gesellschaftliche Prozesse prägend ist.
Ich stimme Ihnen insofern völlig zu, dass Schüler authentische Persönlichkeiten brauchen, die auch Rollenmodell sein können. Eigene Meinung entsteht aber sehr häufig nicht durch bloßes Übernehmen, sondern durch Reibung an Lehrermeinung. Frau R. hat sicher Recht, dass es Impulse des Lehrers bedarf, die über Ihre/seine authentische Darstellung eigener Meinung hinausgehen müssen. Aus meiner Sicht ist nicht strikte Neutralität des Lehrers zu fordern, wohl aber Transparenz, Authentizität und Echtheit, sowie kritisch-pluralistische Impulssetzung, um auch anderen Meinungen Raum zu geben und so eine Urteilsbildung der Schüler anzuregen.
Zeit für Martin!
Schulz reüssiert als Hoffnungsträger, der aus der apathisch-depressiven Stimmung von Alternativlosigkeit hinausführen kann - was man auch als Liberaler oder Konservativer sehr begrüßen mag. Dabei bietet er mit seinem Wieselwort-Thema der sozialen Gerechtigkeit zunächst lediglich eine gewaltige Projektionsfläche für unsere eigenen emotionalen Bedürfnisse. Wir wissen bisher kaum, wofür Martin Schulz konkret steht. Gerade die inhaltliche Unbestimmtheit und Fokussierung auf Emotion, Befindlichkeit und positives Lebensgefühl kann der AfD sehr schaden. Gemeinsam mit einem "Ernüchterungseffekt" als Reaktion auf Trump/Bannon könnte der Populismus-Effekt eines Kandidaten Schulz für deutlich sinkenden AfD-Zuspruch sorgen.
https://causa.tagesspiegel.de/kolumnen/kann-der-schulz-effekt-die-afd-stoppennbsp.html
Die Antrittsrede war Psychotherapie für die Volksseele. Seit gestern gibt es einen kaum noch für möglich gehaltenen Ausweg aus der kollektiven Mutlosigkeit und Depressivität, Alternativlosigkeit und Apathie von Merkel IV. Es gibt eine Alternative zur selbsternannten "Alternative" der Rechtspopulisten. Und es gibt Hoffnung und eine Perspektive auf Zukunft. Für den emotionalen Aufbruch und die mentale Selbstbefreiung müssen wir Martin Schulz dankbar sein. Für Liberale und Sozialdemokraten gilt es jetzt auszuloten, wo gemeinsame Grundlagen für ein tragfähiges Zukunftsbündnis bestehen. Denn eines muss Martin Schulz klar sein: Mit der Linkspartei wird seine Kandidatur zum Rohrkrepierer. Eine erfolgreiche Kanzlerschaft gibt es nur mit der FDP.
Sicher ist manches nicht falsch, was Nicolaus Fest über Martin Schulz sagt. Er ist aber der Einzige, der die völlige Apathie von Merkel IV verhindern kann. Das Verhindern einer weiteren Amtszeit der alternativlosen Kanzlerin muss für uns oberste Priorität haben. Schulz vermittelt Lebensmut, Optimismus und das so notwendige Gefühl von Selbstwirksamkeit. Ja, es geht vor allem um Emotion und Lebensgefühl. Die Rechtspopulisten lassen sich nicht mit intellektueller Nüchternheit bekämpfen, sondern nur mit liberalen Antworten auf berechtigte Forderungen nach mehr Heimat, Identität und Bindung. Und auch das Wieselwort "Gerechtigkeit", auf das Schulz sich fokussiert, steht vor allem für ein Lebensgefühl. Die Antwort auf Trump und die AfD muss ein liberaler und demokratischer Populismus sein, der erfolgreich Bedürfnisse nach positiven Lebensgefühlen bedient.
In Mainz war die Ampel falsch, weil sie gegen die eigene Wahlkampfaussage zustande kam und uns unglaubwürdig gemacht hat. Im Bund könnte ein Zukunftsbündnis unter Schulz die bleierne Zeit der Merkel-Apathie beenden und eine echte Alternative für Deutschland eröffnen. Wir sollten uns einer solchen Vision der Erneuerung nicht verschließen und ernsthaft prüfen, inwieweit liberale Inhalte hier umgesetzt werden können. Ich prognostiziere mal: Wenn sich Schulz gegen rotgrünrote Spinnereien und für ein solides Bündnis mit der FDP entscheidet, dann wird es auch kommen.
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