Was trieb eigentlich die AfD-Damen zu ihren unglücklichen Schießbefehl-Äußerungen? Waren es unüberlegte Entgleisungen, ohne Verständnis unserer Rechtsordnung und ohne Gefühl für das Volksempfinden leichtfertig dahingeplappert? War es einfach grottenschlechte Kommunikationsstrategie und Führungsversagen? Oder doch eine gezielt gesetzte Provokation, die die Republik zwar gegen die Partei aufbringt, sie aber damit umso mehr in die Schlagzeilen und ins öffentliche Bewusstsein bringt? Letzteres scheint schwer vorstellbar: Da stieg die Partei dank der Ausgrenzungsunterstützung durch Malu Dreyer, Hannelore Kraft und andere kontinuierlich in den Meinungsumfragen und es schien durchaus realistisch, mit einem 15% Ergebnis in drei Landtagswahlen zu rechnen. Frauke Petry galt zudem als moderate Parteiführerin, die Provokationen rechtspopulistischer Parteivertreter geschickt ausbalancierte. Gerade dieses Wechselspiel zwischen moderatem Charme und gewagter Provokation trug erheblich zum zunehmenden Erfolg der Partei bei. Nun zieht die Parteichefin selbst den Sturm der öffentlichen Entrüstung auf sich. Umfragewerte sind bereits wieder rückläufig. Von 15% redet im Moment niemand mehr. Wo also lag der Sinn – wenn es einen gab?
Ich bin sicher, Frauke Petry ist viel zu klug, um nicht gewusst zu
haben, was sie da in die öffentliche Debatte lanciert. Immerhin hat sie
es geschafft, dass das Land über konsequenten Schutz der Grenzen
diskutiert. Dass man sich fragt, ob das Unmenschlich-Groteske überhaupt
möglich wäre. Dass es nicht möglich ist, dass Polizisten auf
unbewaffnete, sie nicht bedrohende Flüchtlinge bei illegalem
Grenzübertritt schießen dürfen, muss Petry gewusst haben – und sie hat
es auch gewusst. Indem sie das Ultimate zur Diskussion stellt, schafft
sie erheblichen Raum für durchaus notwendige und sinnvolle Debatten: Ob
wir überhaupt bereit sind, unsere Grenzen effektiv und konsequent zu
schützen. Ob wir bereit sind, Entschlossenheit gegenüber denen, die auf
gepackten Koffern sitzen, auch zu kommunizieren. Ob wir bereit sind,
Flüchtlinge zu demotivieren, sich auf den Weg zu machen – oder zu
motivieren, wieder zurückzukehren. Ob wir die Sogwirkung in unser Land
durch eine entschlossene Botschaft des „Genug ist genug“ umkehren
wollen. Wenn über all das sachlich und konstruktiv debattiert werden
würde, hätte das überaus gewagte Risikospiel der AfD-Frauen die
beabsichtigte Wirkung erzielt.
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