Die Nachricht vom Tode Udo Ulfkottes hatte etwas Verstörendes. Die Kommentierungen anlässlich seines Todes haben es auch.
Wieder ein
Mittfünfziger, den es dahinrafft. Ein Tod, der einem schmerzhaft die
eigene Vergänglichkeit vor Augen führt. Ulfkotte war nur wenige
Monate älter als ich.
Und wieder wird der
Tod eines Menschen für Grabenkämpfe instrumentalisiert. Das liegt
einerseits an Ulfkotte selbst, der ein Polarisierer war, der eher
selten für Ausgleich und Verständigung eingetreten ist. Das liegt
aber auch an unserer erhitzten, polarisierten Debattenkultur, die
sich des Verstorbenen gewissenlos bemächtigt: Von den einen zum
Helden und Märtyrer stilisiert, von den anderen zur verachteten
Hassfigur, gnadenlos über den Tod hinaus.
Persönlich kannte
ich Udo Ulfkotte während des Studiums in den frühen Achtzigern, als
er der Konrad-Adenauer-Stiftung nahestand und später zur FAZ ging.
Er hatte in Freiburg Politikwissenschaft und Rechtswissenschaft
studiert, war konservativ, ein genialer Analytiker, ein sehr guter Redner und ein
gefürchteter Diskutant, scharfzüngig, belesen, bodenständig und
doch weltoffen: Er, der Warsteiner Junge, bevorzugte italienischen
Rotwein und Meeresfrüchte. Bier mochte er eher nicht.
Die herausragende
Eigenschaft Ulfkottes war seine Hypersensibilität. Er hatte ein
feines Gespür für gesellschaftliche Schwingungen und Veränderungen
und für Strömungen des Zeitgeistes. Wahrnehmungen, die an eher
phlegmatischen Zeitgenossen wie mir selbst unbemerkt vorübergingen.
Und Udo Ulfkotte war ein unruhiger Geist. Ruhelos, ein Umtriebiger
und Getriebener, damals schon.
Seine weitere
Entwicklung konnte ich nur aus den Medien verfolgen: Große
publizistische und journalistische Erfolge, aber auch heftig
Umstrittenes, Scharfes, Polarisierendes, zunehmend Bizarres.
Verschwörungstheorien, Geheimdienste, Kopp-Verlag, sein Auftritt bei
PEGIDA im Januar 2015.
Seine Welt, so
schien mir, hatte etwas Paranoides. Züge, die ich damals an ihm
kannte, hatten sich offenbar verfestigt. Man las, er lebe
zurückgezogen, im Wald, auf einem autarken Gelände , sein Haus zur
Festung umgebaut, die Anschrift geheimgehalten. Nur der Pfarrer und
der Bürgermeister wüssten, wo er wohne. Das Haus sei in einen See
gebaut, mit eigener Strom- und Wasserversorgung. Wer sich ihm
unerkannt nähern wolle, müsse erst über einen meterhohen Zaun und
dann durch eine Gänseherde. Ulfkotte entwickelte sich zum bizarren
Sonderling. Offenbar, so schien es, fühlte er sich bedroht und
verfolgt. Überrascht haben mich diese Entwicklungen nicht. Die
Grenze zwischen Genialität, Hypersensibilität und pathologischem
Verfolgungswahn ist bekanntlich ein schmaler Grat.
Die Folge waren
Herzinfarkte und offenbar eine Vielzahl psychosomatischer Leiden.
Ulfkotte, der rastlos Getriebene, war der Prototyp der
Typ-A-Persönlichkeit, jenes Menschentyps, der aufgrund von
Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmalen in besonderer Weise für
kardiovaskuläre Komplikationen anfällig scheint. Medizinisch
betrachtet, war er ein Risikofall. Dass er mit 56 Jahren an einem
Herzinfarkt verstirbt, ist zutiefst tragisch. Überraschend ist es
nicht.
Bei
Typ-A-Persönlichkeiten wird oft die Wahrnehmung eines feindlichen
Weltbildes als pathogene Variable unterschätzt. Ulfkotte lebte im
Daueralarmmodus, in einer feindseligen, ihn bedrohenden Welt. Er war
eine gefährdete, eine Risikopersönlichkeit. Er konnte keinen
Frieden mit seiner Lebenswelt machen und seine Lebenswelt nicht mit
ihm. Am Ende bleibt der Eindruck einer tragischen und irregeleiteten
Persönlichkeit, die wenig Nutzen aus einer großen Begabung gezogen
und bei aller Genialität wenig zur inneren Befriedung unserer
Gesellschaft beigetragen hat.
Udo Ulfkotte, der
fried- und ruhelose Streiter, war aufrecht und ehrlich, ein redlicher
Kamerad und bei aller Schwierigkeit seiner Persönlichkeit ein guter
Mensch. Im Tod hat er seinen verdienten Frieden gefunden. Bleibt zu
hoffen, dass wir uns bei aller unterschiedlichen Bewertung seiner
Lebensleistung bemühen werden, dem Toten seine Würde zu lassen und
seinen Frieden. Und dass so allmählich auch unsere gesellschaftliche
Debattenkultur zu einem friedlichen Miteinander zurückfindet.
Hallo
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