Sonntag, 2. Dezember 2018

Flönz: Schweineblut und Kulturkampf


Ich war nie wirklich ein Fan von Kölschem Kaviar. Kölscher Kaviar ist Flönz mit Öllich, Mostard und Röggelche (Für Nicht-Rheinländer: Blutwurst mit Zwiebeln, Senf und Roggenbrötchen). Als Kind hatte ich mal gesehen, wie Flönz zubereitet wird. Das sind so Schicksalsmomente, die über lebenslange Leidenschaft oder lebenslange Abneigung entscheiden. Bei mir war es die Abneigung. Im Moment aber entdecke ich mein Herz für die verschmähte deutsche Blutwurst. Flönz ist zum Symbol des deutschen Kulturkampfes geworden. Es geht dabei nicht um Blut und Schweinefleisch in der Wurst. Es geht um Souveränität und behauptete Identität. Fehlende Sensibilität wird den Veranstaltern der Islamkonferenz vorgeworfen. Das Gegenteil ist aber richtig: Wir leben in einer Kultur der Hypersensibilität, die nur Folge einer starken kollektiven Verunsicherung sein kann. Es gibt starkes Schuldbewusstsein, das uns zu einer Überservilität, einem ständig vorauseilenden Gehorsam verleitet, zu einer Überanpassung: Wir wollen es immer allen Recht machen. Aber wir vergessen dabei uns selbst, geben uns viel zu oft selbst auf. Wir haben eine wundervolle Kulturtradition, auf die wir selbstbewusst stolz sein sollten. Die wir engagiert verteidigen sollten, gegen jeden, immerzu. Dazu gehört Blutwurst. Flönz. Kölscher Kaviar. Ob man ihn mag oder nicht.
(Foto: Wikipedia)

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